Brügge

Brügge - Aufbauspiel, Strategiespiel von Stefan Feld

Häuserbau in der belgischen Hansestadt

Leider war ich noch nicht in Brügge. Obwohl alle, die einmal da waren, sagen, dass man da unbedingt einmal hin müsse, war ich immer noch nicht da. Das ist sehr schade, aber es gibt sehr viele Unbedingt-mal-hin-Ziele, die ich noch nicht gesehen habe, allerdings auch einige, die ich schon gesehen habe, also kein Mitleid an dieser Stelle. Sollte das tatsächliche Brügge dann auch so interessant und abwechslungsreich, zugleich aber auch manchmal so frustrierend und nervtötent sein, wie das Spiel, dann muss ich da wohl unbedingt mal hin.

Was man auch unbedingt mal machen sollte, bevor man sich dem Spiel zuwendet, damit es ein wenig weniger nervend und frustrierend ist, wäre, die Karten nach Farben zu sortieren. Dann nehme man von jeder Farbe 2/3 aller Karten, füge zwei Farben zusammen, mische diese, füge weiterhin die restlichen drei Farben zusammen und mische diese ebenfalls und als letztes nehme man das beiseite gelegte Drittel aller Farben und mische dieses zu einem weiteren Stapel.
Nun haben wir drei Stapel, in dem einen nur, zum Beispiel, rote und gelbe Karten, in dem anderen nur lila, blaue und braune Karten; und einen dritten Stapel, in dem alle Kartenfarben vorhanden sind. Die ersten beiden Stapel legen wir neben den Spielplan und den dritten erst einmal zur Seite. Wem diese Aufteilung bekannt vorkommt, der hat bestimmt schon mal Lucky Loop gespielt, denn da wird es ähnlich gemacht. Warum aber das alles?
Da es eigentlich immer nur zwei Stapel mit allen Farben gibt, kann es sehr gut und oft passieren, dass man eine bestimmte Farbe nicht bekommen kann, oder oft nur die Auswahl zwischen Rot und Rot hat, wenn man nachziehen darf. Das frustriert, denn viele Karten wollen mit bestimmten Dingen bedient werden, wobei wiederum bestimmte Farben unabdingbar sind. Da ich aber nur über das Nachziehen an die Karten komme - Kartenaktionen sind die Ausnahme - komme ich eben nicht an Blau, wenn keine blaue Karte oben liegt. Mit dem Aufteilen der Farben kann ich diese Hürde zumindest ein wenig umschiffen; da es fünf Farben sind, ist es eben schwer sie auf zwei Stapel aufzuteilen. Oder ich teile die dritte Farbe auch noch in Sechstel und habe zwei Stapel mit je drei Farben. Wie man gerne möchte...

Die Karten bilden das Herzstück des Spieles, daher ist es imminent wichtig, dass man eine gute Auswahl hat, ansonsten kann man den Sieg auch schnell mal vergessen, aber nicht, weil man Fatale Fehler gemacht hätte, sondern, weil einfach keine blauen Karten zum Nachziehen kommen!
Nun haben wir also schon den Spielplan in die Mitte des Tisches gelegt und die Karten entsprechend sortiert und an den Rand gelegt. Beginnend mit dem Startspieler zieht jeder 5 Karten nach seinem Dafürhalten von den beiden Stapeln. Am Anfang ist das noch nicht so wichtig, welche Farben sie zeigen. Als Startkapitel bekommen die Spieler noch je einen Handlanger in den fünf Farben und fünf Gulden nebst zwei Übersichtskarten. Dann kann es eigentlich schon losgehen, wären da nicht die Regeln, die man vielleicht einmal erklären sollte. Mit Hilfe der Übersichtskarten und dem logisch aufgebauten Rundenablauf, ist es aber ein Leichtes das Spiel in relativ kurzer Zeit zu verstehen.
Nachdem alle Spieler ihre Handkarten haben, werden fünf Würfel, für jede Farbe einer, geworfen. Diese werden nach Augenanzahl aufsteigend auf dem Spielplan platziert. Für jede 5 oder 6 bekommen die Spieler ein Bedrohungsplättchen in der entsprechenden Farbe. Hat man sein drittes einer Art bekommen, tritt die Katastrophe ein. Dies kann in Form von Geldverlust, Hausverlust, Handlangerverlust, Personenverlust oder Siegpunktverlust geschehen.
Nun dürfen die Spieler sich entscheiden, ob sie im Rathaus "aufsteigen" wollen. Der Preis dafür richtet sich nach den geworfenen 1en und 2en. Diese addiert, ergeben den aktuellen Preis für das Voranziehen seiner Figur im Rathaus. Dabei bringen die ersten 5 Schritte je einen Siegpunkt, die folgenden 2 bis schließlich 3, also von 1 bis 12.

Ist auch dies abgearbeitet, kommt es zum eigentlichen Spiel. Reihum spielen die Spieler je eine Karte aus. Da die Karten für alle Aktionen genutzt werden können, gibt es an dieser Stelle viele Möglichkeiten, die manchmal dazu führen, dass ein wenig länger nachgedacht werden muss. So kann ich:

Eine Karte nutzen um zwei Handlanger in dieser Farbe aus dem Vorrat zu bekommen,
sie spielen, um so viele Gulden zu bekommen, wie der Würfel in der selben Farbe Augen anzeigt,
sie spielen, um ein Bedrohungsplättchen in dieser Farbe abzulegen und einen Siegpunkt zu erhalten,
sie zusammen mit der geforderten Menge Gulden ablegen um einen Kanal zu bauen,
sie verdeckt ausspielen um ein Haus zu errichten, dies kostet einen Handlanger in der entsprechenden Farbe,
oder die Person von der Vorderseite in ein Haus einziehen lassen, was zu erst einmal ein beliebig freies Haus erfordert und auch die angegebene Menge Gulden (3, 6 oder 9).

Vor diese Wahl werden die Spieler insgesamt vier Mal gestellt, bevor die Runde endet. So behält man immer eine Karte übrig.

Da natürlich alle Aktionen irgendwie mit einander verbunden sind, muss man sich stets gut entscheiden, welchen Nutzen ich aus den Karten ziehen möchte. Ohne Handlanger kann ich keine Häuser errichten, außerdem brauche ich sie um bestimmte Personen zu aktivieren und deren Aktionen zu nutzen. So muss ich zum Beispiel einen blauen Handlanger abgeben, wenn ich die Aktion des Schmugglers "Alle anderen Spieler müssen sich einen blauen Bedrohungmarker nehmen" ausführen möchte. Ohne blaue Karten keine blauen Handlanger. Ohne blaue Handlanger keine Schmuggleraktion. Frustpotential erkannt?
Ich ziehe zwar die Karten vor dem Würfeln nach, aber mit einer geringen Auswahl sind meine Chancen auf eine gute Geldausbeute gering. Was geworfen wird weiß ich natürlich nicht. Aber mit nur zwei Farben auf der Hand kann es schnell frustrierend werden, denn ohne Geld kann ich keine Kanäle bauen und auch keine Personen bei mir einziehen lassen. Und ohne Personen habe ich keine Sonderfertigkeiten, die mir vielleicht Gold, Handlanger oder andere Vorteile bringen. Ein Teufelskreis!

Im Spiel gibt es 165 Karten, die alle unterschiedliche, wenn auch manchmal ähnliche, Sonderaktionen bieten. Auch hier bestimmt das Nachziehen meine Taktik. Es gibt Karten, die am Ende Punkte für bestimmte Erfolge bringen. Zum Beispiel gibt ein hoher Würdenträger 2 Punkte für jede Person in meinen Häusern, die zum Personenkreis "Kirche" gehört. Ziehe ich aber keine Personen dieser Gruppe, war seine Anschaffung eher ein Griff ins Klo. Andere Personen geben einen einmaligen Bonus, zum Beispiel Gulden oder Handlanger, und wieder andere gewähren einen permanenten Bonus, so zum Beispiel die Sängerin. Immer wenn der blaue Würfel eine 5 oder 6 zeigt, darf ich mir einen blauen Handlanger nehmen. Dafür gibt sie am Ende des Spieles aber auch 0 Siegpunkte.

Sollte man sich für den Bau von Kanälen entscheiden, gibt es zwei Momente, an denen es Punkte aufs Konto gibt: Errichtet man den dritten Kanal auf einer Seite, gibt dies 3 Siegpunkte am Ende des Spieles. Ist man besonders fleißig und errichtet fünf Kanäle hintereinander, besser: aneinander, darf man sich eine Statue aus der Mitte des Spielplanes nehmen, die erste bringt 7 Punkte, die folgenden je einen weniger.

Am Ende einer Runde werden drei Mehrheiten überprüft. Bin ich im Rathaus weiter als alle anderen Spieler, darf ich den entsprechenden Marker vor mir umdrehen und erhalte so am Ende 4 Punkte. Ebenfalls 4 Punkte gibt es für die Mehrheit an Personen und Kanälen. Diese Punkte behält man, auch wenn ein anderer Spieler zu einem späteren Zeitpunkt die Mehrheit erzielen kann. Dann bekommt eben er ebenfalls die 4 Puntke.

Am Ende zählen die Personen je 0, 1, 2 oder 3 Punkte; die Spielendevorteile der Personen; die Mehrheitsmarker; die Kanäle ab drei Feldern und die Statuen sowie der Aufstieg im Rathaus. Je Haus klingelt es in der Kasse ebenfalls noch einmal mit einem Punkt. Wer nun die meisten Punkte hat, gewinnt.

Brügge bringt Spaß und kann frusten, ich denke, ich habe das deutlich gemacht. Mit der Aufteilung der Kartenfarben kann man dem ein wenig entgegen wirken, auch wenn das vielleicht dazu führt, dass das Spiel schneller endet oder etwas anders verläuft. Zum Ende kommt es nämlich, wenn einer der zwei Stapel aufgebraucht ist. Dann wird der dritte Stapel ins Spiel gebracht und die letzte Runde gespielt. Da nun in einem Stapel drei Farben zu finden sind und in dem anderen nur zwei, kann es natürlich gut sein, dass dieser Stapel schneller aufgebraucht wird, als der andere. Da muss man abwägen: Frust oder Spielverzerrung...

Auch im normalen Betrieb ist Brügge ein gutes Spiel, das wirklich jedes Mal anders ist. Dazu tragen vor allem die 165 Karten bei, denn die Wahrscheinlichkeit die gleichen Karten wieder zu bekommen ist doch eher gering. Auch wenn dies für einen hohen Wiederspielreiz sorgt, führt es auf der Schattenseite dazu, dass man sich keine rechte Taktik zurecht legen kann. Man kann schließlich auf nichts vertrauen, nicht auf die Karten, nicht auf ein festes Einkommen, nicht auf den Handlangernachschub in der richtigen Farbe, nicht auf...
So stehen wir ein wenig gespalten da, wie der arme Tor, der so klug ist als zuvor. Sind die Mängel vielleicht auch Vorteile und die Vorteile vielleicht eher Mängel? Welchen Anspruch stelle ich an das Spiel? Will ich verschiedene Taktiken ausprobieren oder nur prima unterhalten werden und mit Freunden einen schönen und unterhaltsamen Abend verbringen? Ach Herr Feld, Sie machen es uns wirklich nicht einfach...

Sie sollten Brügge kaufen, wenn Sie:
Sie sollten Brügge nicht kaufen, wenn Sie:
- alle Feld(er) bestellen wollen- sich vor einem Spiel Taktiken überlegen
- Abwechslung bei einem Spiel lieben- während des Spieles keine bösen Überraschungen erleben wollen
- jedes Mal wieder ins kalte Wasser geschmissen werden wollen- lieber weniger Handlungsmöglichkeiten wünschen


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Kurzinfos

Brügge

Gesamtbewertung

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Autor

Stefan Feld

Verlag

Hans im Glück

Erscheinungsjahr

2013

Spieleranzahl

2 - 4

Dauer

ca. 60 - 75 Min.

Alter

ab 10 Jahren

Preis

ca. 30 €

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