Das große Dudenspiel

Ingestion?

Ist das nicht die Tätigkeit der Kriminalpolizei? Oder doch eher das Geld-Ausgeben? Nein, die Fremdwörter für beides klingen zwar so ähnlich, aber Ingestion ist etwas anderes. Zum Glück stehen nur drei Definitions-Vorschläge pro Begriff zur Auswahl. Wer dran ist, muss die richtige erraten und darf falls erfolgreich würfeln. Der Würfel zeigt an, um wieviele Felder die Spielfigur der erfolgreichen Spielerin auf dem spiralförmigen Weg zum Zielfeld weiterziehen darf. Klingt vertraut? Ja, besonders originell ist dieser Spielmechanismus nicht. Es könnte der Eindruck aufkommen, die Redakteurinnen wollten ihre gute Idee, aus Duden-Definitionen ein Ratespiel zu gestalten, noch um einige Brettspiel-Elemente ergänzen. Kann man machen – es muss aber nicht zwangsläufig etwas dauerhaft Unterhaltsames dabei herauskommen.

Die Einzelheiten

Das Spielbrett zeigt drei konzentrische Ringe, die in Felder unterteilt sind. Genau genommen endet der innere Ring mit einem Feld, das aufs erste Feld des mittleren führt. Und am Ende desselben geht es im äußeren Ring weiter. Dessen letztes Feld ist das Zielfeld. Im Grunde also eine an einigen Stellen abgewinkelte Spirale. Der optische Eindruck eines altbackenen Spielmechanismus verfestigt sich mit dem Studieren der Spielregel.

Sollte eine Spielfigur das Zielfeld erreichen ohne eine entscheidende Siegvoraussetzung mitzubringen, darf sie den äußeren Ring so lange weiter durchlaufen, bis sie sie erreicht hat. Diese Siegvoraussetzung sind drei Bücher. Das erste davon wird unter die Spielfigur eingeklickt, sobald eine Spielerin eine Aufgabe richtig gelöst hat, das zweite und dritte gibt es auf den o.g. Ringwechsel-Feldern. Dieses Stapeln von bis zu drei Büchern unter einer Spielfigur ist mal ein innovatives Element.

Wer dran ist, muss genau eine Aufgabe lösen. Wessen Spielfigur höchstens ein Buch mitschleppt, bekommt eine leichte Aufgabe. Wer schon mindestens zwei Bücher hat, darf sich auf Wunsch auch eine mittelschwere servieren lassen, und mit drei Büchern darf es auch eine schwere sein. Dazu nimmt die linke Nachbarin eine Aufgabenkarte aus der zugehörigen Box und liest sowohl einen zu definierenden Begriff des gewünschten Schwierigkeitsgrads vor als auch die drei jeweils dazu angebotenen Definitions-Vorschläge. Die Aufgabe besteht darin, auf die korrekte Definition zu tippen. Gelingt das nicht, bleibt die Spielfigur stehen. Ansonsten wird gewürfelt und je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad die einfache, doppelte oder dreifache Augenzahl vorgezogen. Es gilt stets abzuwägen: Wer mit zwei oder drei Büchern weit vorwärtskommen möchte, muss das Risiko eingehen, mangels Kompetenz ganz stehenzubleiben. Dieses Element hätte das Zeug zum Aufbauen von Spannung gehabt, sie stellte sich aber nicht so recht ein.

Ein erheblicher Anteil der Felder weist zusätzliche Möglichkeiten auf. Eine Spielfigur, die auf einem Feld landet, das eine bestimmte Anzahl Bücher sowie einen Pfeil nach innen oder außen zeigt, muss, sofern sie genau diese Anzahl dabei hat, dem Pfeil folgen und nochmals würfeln. Dieses Element führt ebenso völlig von der deutschen Sprache als eigentlichem Spielgegenstand weg wie die Felder, die zum erneuten Würfeln auffordern. Etwas dichter dran sind dann schon die Felder, die zum sofortigen Lösen einer Zusatzaufgabe auffordern. Ganz nett, aber nichts Aufregendes.

Das Element, bei dem die Interaktion ausnahmsweise in den Vordergrund tritt, sind die Duell-Felder: Wessen Spielfigur auf einem solchen landet, sucht sich eine Mitspielerin aus: Beide müssen nacheinander je eine Aufgabe des Schwierigkeitsgrades lösen, die ihrer Bücher-Anzahl entspricht. Gelingt es entweder beiden oder beiden nicht, geht das Duell ohne Folgen aus. Gelingt es nur einer Duell-Partnerin, gewinnt sie ein Buch dazu, die andere gibt eins ab. Sollte es sich dabei um das einzige Buch handeln, landet die Figur wieder in der Mitte des Spielfeldes, von wo aus alle bei Beginn gestartet sind. Dieses Zurückgeworfenwerden wurde als zu hart empfunden. Vermutlich kann dieses Spiel stundenlang dauern ohne dass jemand gewinnt.

Auch dass weitere Bücher außer durch gewonnene Duelle nur durchs Passieren der Ringwechsel-Felder gewonnen werden können, fanden wir wenig überzeugend. So mussten über viele Runden manche mit nur einem einzigen Buch auskommen und mussten daher stets mit der leichtesten Aufgaben-Kategorie vorlieb nehmen. Diese weist neben einigen ungewöhnlichen Begriffen einen nennenswerten Anteil von Begriffen aus dem Allgemeinwissen auf, die für die meisten wohl keine Herausforderung darstellen. Oder können Sie sich vorstellen, dass jemand die korrekte Definition von Hydrant nicht kennt? Da sind Begriffe mit höheren Schwierigkeitsgraden schon eher geeignet, dieses Spiel als Lernspiel anzusehen. Nicht alle haben schon mal etwas von Furage gehört oder kennen die korrekte Definition des veralteten Begriffs Kujon. Und es bereitet auch den Vorlesenden und den unwillkürlich Mitratenden Freude, jemanden mit dem Definitionsvorschlag „norditalienisches Fleischgericht“ für Capriccio herauszufordern oder mit „einstellige Zahl“ für „Einzahl“. Womit auch schon deutlich wird, dass keineswegs nur Fremdwörter auf den Aufgabenkarten verzeichnet sind, auch kurze Wendungen wie „um und um“ sowie Abkürzungen sind dabei.

Etwas hemmend kommt hinzu, dass auf jeder Aufgabenkarte pro Schwierigkeitsgrad gleich drei Aufgaben stehen. Wer vorlesen soll, hat die Qual der Wahl, und manchmal dauert eine Wahl ja etwas länger. Das lässt sich verkürzen, wenn zuvor über die Spielregel hinaus vereinbart wird, dass z. B. stets die mittlere Aufgabe vorgetragen werden muss.

A propos Aufgabenkarten: Wir haben das große Dudenspiel nur mit der Aufgabenkategorie des Definitionen-Tippens probiert. Eine weitere Kategorie ist die richtige Schreibung vorgegebener Passagen. Dabei geht es um Rechtschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Zusammen- vs. Getrenntschreibung und Zeichensetzung. Die Spielregel schlägt vor, sich entweder vorm Beginn auf einen der beiden Aufgabensätze zu verständigen oder beide zu mischen und jeweils eine zufällige Aufgabenkarte zu ziehen.

Material und Anleitung

Die Spielfiguren sind aus Kunststoff gefertigt – wohl um den Einrast-Mechanismus der ebenfalls kunststoffigen Bücher leichter einrichten zu können.

Die Anleitung weist darauf hin, dass nicht vor Beginn alles verlesen werden braucht, sondern dass die Bedeutung besonderer Felder auch erst nach und nach erläutert werden kann. Damit war die Hürde des Spielregelstudiums erfreulich gering. Allerdings fielen uns auch sprachliche Ungenauigkeiten auf, was wir gerade bei einem Spiel zum Thema deutsche Sprache sonderbar fanden: Etwa ist vom Ziehen auf ein bestimmtes Feld oder „daran vorüber“ die Rede – gemeint ist offenbar auf ein Feld oder über es hinweg.

Innerhalb der Schachtel hat alles seinen Platz, und das zuoberst platzierte Spielbrett verhindert, dass beim Transport etwas durcheinanderfällt. Vorbildlich.

Gesamteindruck

Zu Beginn waren wir überwiegend begeistert. Allerdings stellte sich eine zunehmende Ernüchterung ein. Nicht nur, weil es nicht recht voranging, sondern auch weil der Reiz des Neuen schnell verflogen war und wir das Zufallselement als zu stark ausgeprägt empfunden haben. Symptomatisch war der Vorschlag, die Aufgabenkarten einfach ohne das Brettspiel-Drumherum zu verwenden. Wir haben dann bald Einigkeit erzielt, das Spiel abzubrechen lange bevor jemand das Zielfeld samt drei Büchern erreichen konnte. Immerhin haben wir beim Spielen einiges gelernt, in der Anfangsphase sogar mit lernförderndem Spaß, also gewissermaßen Edutainment.

Unser Fazit: Man kann durch zu viel Drumherum dem Erfolg einer guten Idee allerhand Steine in den Weg legen.

Dirk Bake

Sie sollten Das große Dudenspiel kaufen, wenn Sie:
Sie sollten Das große Dudenspiel nicht kaufen, wenn Sie:
- gern etwas dazulernen, - Spiele bevorzugen, bei denen es ständig merklich voran geht,
- wenn es Ihnen Freude macht, andere beim Erfolg oder beim Scheitern zu erleben, - das umfassende Beherrschen der deutschen Sprache unwichtig finden,
- es akzeptabel finden, vorwiegend zufallsgesteuert auf Felder zu kommen, die Ihnen Vor- oder Nachteile einbringen, und fürs Gewinnen nötige Voraussetzungen eher nebenbei statt durch eigene Leistung zu erfüllen. - durch Würfeln erzeugte Glücks-Anteile ablehnen.


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Kurzinfos

Das große Dudenspiel

Gesamtbewertung

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Autor

(zahleiche Mitwirkende)

Verlag

Jumbo

Erscheinungsjahr

1997

Spieleranzahl

2 - 6

Dauer

ca. Min.

Alter

ab 15 Jahren

Preis

Nicht mehr erhältlich

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